Ruedi ist nicht der einzige, der einen Bericht über eine Regatta schreibt, an der er nicht dabei war. Das mit dem Ghostwriter sollte man langsam institutionalisieren, denn die Berichte, die unter okkulten Umständen entstehen häufen sich. Die Finnklasse könnte beispielsweise jemanden fest anstellen, der all die Berichte schreibt. Der müsste natürlich an jeder Regatta dabei sein und sich selber ein Bild machen. Ich denke da an jemanden wie z.B. Martin Suter, schliesslich soll ja unser literarisches Niveau nicht leiden.
Wettermässig war Steckborn klar angesagt. Die Prognosen standen auf Westwind und auch eine Front sollte kommen, was will man mehr. Ich kam ein Bisschen spät, aber nicht so spät, dass ich deswegen der ersten Lauf verpasst hätte. Den habe ich verpasst wegen einem kleinen Schäkelbolzen. Dem Typ mit dem schlanken Gewinde, der durchs Loch rutschen kann und sofort vom Erdboden verschluckt wird, sobald er mit ihm in Berührung kommt.
Am Samstag war warm und schön. Am Anfang nur wenig Wind, ca. 1 Bf, dann aber mit jedem Lauf stärker werdend, bis man zeitweise sogar hängen konnte. Wie immer in Steckborn wurde "up and down" gesegelt, die rechte Seite schien etwas bevorzugt. Zwar gab es immer wieder Linksdreher, die einem verleiten konnten nach links zu fahren, aber oben an der Luvtonne drehte dann der Wind zurück nach rechts und das gab den Ausschlag. 4 Läufe konnten so heimgebracht werden, es war ein super Segeltag.
Der Umbau in Steckborn ist fertig. Die Luxuswohnungen stehen, und es gibt einen Clubraum mit Dusche und WC, sowie auch eine gedeckte Einstellmöglichkeit für Jollen. Trotzdem wird aber wie früher zusätzlich ein Zelt aufgestellt. Damit gibt es grundsätzlich genug Platz für alles. Auch das Einwassern geht beim aktuell hohen Pegelstand komfortabel.
Am Sonntag ging es trotz 4 Läufen im Kasten bereits um 10 Uhr los und alles war anders. Kalt, bedeckt, Wind mit viel Druck und dann noch Regen. Im ersten Lauf waren es noch 3 Bf. im 2. und 3. Lauf bereits 4-5 und dann 6-plus. Schaumkronen, hohe Welle, Hammerböen. Und ein richtig fetter Regen. Der war im 3. Lauf so heftig und die Sichtweite so kurz, dass man den nächsten Finn kaum noch sehen konnte. Die Welle wurde dadurch flach und der Wind schwer einschätzbar. Piet ging baden. Auch das beherrscht er einwandfrei mit komplettem Durchkentern, wie es sich gehört. Einfach nur halsen ohne die Welle und den richtigen Moment abzuwarten ging nicht mehr. Das Teilnehmerfeld wurde vom Lauf zu Lauf dünner, selbst viele der 470'er (einer sogar aus Katar) blieben am Land. Im 4. Lauf starteten nur noch Piet und ich. Der Vorwindkurs war spektakulär, es gab eine richtige Pumporgie und wir schenkten einander nichts. Piet nahm mir etliche Meter ab, hatte zudem Innenposition, verhedderte sich aber an der Leetonne. Ich konnte zwischen beiden hochziehen und als erster luven. Das war ein Highlight, sonst dominierte aber Piet das ganze Rennen.
Acht Läufe waren ausgeschrieben und mussten durchgeführt werden, obwohl es unter diesen Bedingungen für ein einfaches Wochenende doch ein Bisschen zu viel war. Piet war eine Klasse für sich und gewann die Regatta, obwohl er am Samstag Abend den letzten Lauf wegen einer Einladung nicht segeln konnte. Hans hatte einen neuen Afterburner montiert, vom Typ "WB" Er war damit extrem schnell und wenn er sich einmal versegelte, schaffte er sich sofort wieder nach vorn. Joseph war vor allem am Sonntag ganz in seinem Element. Geboten wurde wetter- und windmässig alles, jeder Leichtwind- Starkwind- Sonnen- und Regenliebhaber bekam einmal den für ihn passenden Lauf serviert. Der YCS glänzte mit fürsorglicher Gastfreundschaft, Kaffee, Kuchen, brandneuer Infrastruktur und professionellem Management. Es war das perfekte Regattawochenende!
Thomas, SUI 63 + 4